Amoris laetitia, eine Kontinuität im päpstlichen Lehramt

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(14/4/16) In Amoris laetitia macht sich Franziskus den Lehramt von Papst Benedikt zu eigen und erweitert es. Beweis dafür sind gerade auch die vielen Benedikt–Zitate, die das Nachsynodale Apostolische Schreiben enthält und die wir hier unseren Lesern anbieten.

 

70. In der Enzyklika Deus caritas est hat Papst Benedikt XVI. das Thema der Wahrheit der Liebe zwischen Mann und Frau wieder aufgegriffen, das erst im Licht der Liebe des gekreuzigten Christus vollkommen deutlich wird (vgl. 2). Der Papst unterstreicht: „Die auf einer ausschließlichen und endgültigen Liebe beruhende Ehe wird zur Darstellung des Verhältnisses Gottes zu seinem Volk und umgekehrt: die Art, wie Gott liebt, wird zum Maßstab menschlicher Liebe“. Darüber hinaus unterstreicht er in der Enzyklika Caritas in veritate die Bedeutung der Liebe als Prinzip des Lebens in der Gesellschaft (vgl. 44), dem Ort, an dem man die Erfahrung des Gemeinwohls macht.

 

89. Doch das Wort „Liebe“, eines der meistgebrauchten, erscheint oft entstellt. [Vgl. Benedikt XVI., Enzyklika Deus caritas est (25. Dezember 2005), 2: AAS 98 (2006), S. 218].

 

147. Das verlangt einen erzieherischen Weg, einen Prozess, der Verzicht einschließt. Das ist eine Überzeugung der Kirche, die oft abgelehnt worden ist, als sei sie dem menschlichen Glück Feind. Benedikt XVI. hat diese Diskussion mit großer Klarheit aufgegriffen: » Vergällt uns die Kirche mit ihren Geboten und Verboten nicht das Schönste im Leben? Stellt sie nicht gerade da Verbotstafeln auf, wo uns die vom Schöpfer zugedachte Freude ein Glück anbietet, das uns etwas vom Geschmack des Göttlichen spüren lässt? «Doch er antwortete, dass es zwar im Christentum auch Übertreibungen und fehlgeleitete Askese gegeben hat, die offizielle Lehre der Kirche aber, treu zur Schrift, » nicht dem Eros als solchem eine Absage erteilt, sondern seiner zerstörerischen Entstellung den Kampf angesagt [hat]. Denn die falsche Vergöttlichung des Eros […] beraubt ihn seiner Würde, entmenschlicht ihn.

 

157. Trotzdem darf uns die Zurückweisung der Verirrungen von Sexualität und Erotik niemals dazu führen, diese zu verachten oder zu vernachlässigen. Das Ideal der Ehe kann nicht nur wie ein großherziges und aufopferungsvolles Sich-Schenken gestaltet werden, wo jeder auf alle persönlichen Bedürfnisse verzichtet und sich nur darum kümmert, dem anderen Gutes zu tun, ohne jede Befriedigung. Erinnern wir uns daran, dass eine wahre Liebe auch vom anderen zu empfangen weiß, dass sie fähig ist, sich als verletzlich und bedürftig zu akzeptieren, und nicht ausschlägt, mit aufrichtiger und glücklicher Dankbarkeit die körperlichen Ausdrucksformen der Liebe in einer Liebkosung, einer Umarmung, einem Kuss und der geschlechtlichen Vereinigung anzunehmen. Benedikt XVI. war diesbezüglich ganz eindeutig: » Wenn der Mensch nur Geist sein will und den Leib sozusagen als bloß animalisches Erbe abtun möchte, verlieren Geist und Leib ihre Würde. « Aus diesem Grund » ist es aber auch dem Menschen unmöglich, einzig in der schenkenden, absteigenden Liebe zu leben. Er kann nicht immer nur geben, er muss auch empfangen. Wer Liebe schenken will, muss selbst mit ihr beschenkt werden. « Das bedeutet jedenfalls, dass man sich daran erinnern muss, dass das menschliche Gleichgewicht anfällig ist, dass immer etwas bleibt, das sich dagegen wehrt, vermenschlicht zu werden, und das in jedem Moment wieder „ausbrechen“ und seine primitiveren und egoistischeren Tendenzen wiedererlangen kann.

 

164. Die Liebe ist »eine einzige Wirklichkeit, aber sie hat verschiedene Dimensionen – es kann jeweils die eine oder andere Seite stärker hervortreten« [Benedikt XVI., Enzyklika Deus caritas est (25. Dezember 2005), 8: AAS 98 (2006), S. 224].

 

186.  Man darf nicht vergessen, dass »die „Mystik“ des Sakraments […] sozialen Charakter [hat]« [Benedikt XVI., Enzyklika Deus caritas est (25. Dezember 2005), 14: AAS 98 (2006), S. 228].

 

298. Wir wissen, dass es »keine Patentrezepte« gibt [Benedikt XVI., Gespräch mit dem Papst beim VII. Weltfamilientreffen (Mailand, 2. Juni 2012), Antwort 5: L’Osservatore Romano (dt.) Jg. 42, Nr. 24 (15. Juni 2012), S. 12].

 

316.  Eine gut gelebte Gemeinschaft in der Familie ist ein echter Weg der Heiligung im gewöhnlichen Leben wie auch des mystischen Wachstums, ein Mittel zur innigen Vereinigung mit Gott. Denn die geschwisterlichen und gemeinschaftlichen Anforderungen des Lebens in der Familie sind eine Gelegenheit, das Herz immer mehr zu öffnen, und das ermöglicht eine immer vollkommenere Begegnung mit dem Herrn. Das Wort Gottes sagt: » Wer aber seinen Bruder hasst, ist in der Finsternis « (1 Joh 2,11), » bleibt im Tod « (1 Joh 3,14) und » hat Gott nicht erkannt « (1 Joh 4,8). Mein Vorgänger Benedikt XVI. hat betont, dass » die Abwendung vom Nächsten auch für Gott blind macht« und dass die Liebe letztlich das einzige Licht ist, » das eine dunkle Welt immer wieder erhellt«. Nur » wenn wir einander lieben, bleibt Gott in uns, und seine Liebe ist in uns vollendet « (1 Joh 4,12). Da »der Mensch […] eine eingeborene, seiner Struktur eingegebene soziale Dimension [besitzt]« und » die soziale Dimension des Menschen […] ihren ersten und ursprünglichen Ausdruck im Ehepaar und in der Familie [findet] «, nimmt die Spiritualität im familiären Miteinander Fleisch und Blut an. Wer also ein tiefes Verlangen nach Spiritualität hat, soll nicht meinen, die Familie halte ihn von einem Wachstum im Leben des Geistes fern; sie ist vielmehr ein Weg, den der Herr verwendet, um ihn auf die Gipfel der mystischen Vereinigung zu führen.